Häkeln, Mathematik und Korallen
24.4.2024
Letzte Woche habe ich in Linz Österreichs größtes Korallenriff besucht.
Angeregt durch die Berichte von Petersilie & Co und 3He fecit wollte auch ich das gehäkelte Korallenriff sehen. Eine kurze Recherche ergab, ein Ausstellungsbesuch in Linz ist von uns aus an einem Tag mit der Bahn gut machbar. Die Ausstellung selber wurde praktischerweise bis zum 7.7.2024 verlängert, so daß ich ohne Termindruck planen konnte.
Aufmerksam wurde ich auf diese Häkelarbeiten schon vor zwei Jahren als sich die Mathematikerin unserer Familie das Buch Crocheting Adventures with Hyperbolic Planes: Tactile Mathematics, Art and Craft for all to Explore von Daina Taimina zu Weihnachten gewünscht hatte. Natürlich hatte ich es mir voller Neugier angeschaut, bevor es eingepackt und verschenkt wurde. Dieses Buch faszinierte mich, es zeigt Bilder von tollen Häkelarbeiten, aber der Inhalt ist sehr mathematisch, ebenso die Häkelanleitungen :(. Also verkniff ich mir den ersten Impuls, diese auszuprobieren.
Genauso spannend ist die Geschichte dazu: Daina Taimina ist Mathematikprofessorin, sie wollte ihren Studenten hyperbolische Flächen anschaulich zeigen. Und als Frau, hat sie auch so etwas „Gewöhnliches“ wie stricken und häkeln gelernt. Für die mathematische Problemstellung, hyperbolische Flächen zu modellieren, waren es genau die richtigen Fertigkeiten, um als Erste ein stabiles Modell davon herzustellen.
In der Natur finden sich immer wieder Abbildungen für abstrakte, geometrische Modelle, so zeigen z.B. Korallen die Form hyperbolischer Flächen. Die australische Physikerin Margaret Wertheim stellte diese Verbindung her und zusammen mit ihrer Schwester Christine Wertheim initiierte sie das Crochet Coral Reef Project als künstlerische Antwort auf den Klimawandel und das Sterben des Great Barrier Reefs. Für das Projekt haben tausende Frauen Korallen gehäkelt, die Arbeiten wurden in vielen Museen dieser Welt gezeigt.
Als ich mir das Weihnachtsgeschenk vor zwei Jahren angeschaut und ein bißchen dazu im Internet recherchiert habe, hatte ich den Eindruck, die Zeit mit den Ausstellungen des Korralllenriffs sei vorbei und überhaupt eher in anderen Kontinenten gezeigt worden. Umso erfreulicher, daß ich jetzt das Korallenriff in echt sehen konnte.
In Vorfreude auf den Besuch, begann ich dann aus Baumwollgarnresten Korallen zu häkeln. Hier jetzt kurz das Technische: Ich habe Häkelnadeln der Stärke 2,5 und 3 benutzt, feste Maschen und Stäbchen gehäkelt, immer solange, bis das Garn alle war. Um schnell was zu sehen, habe ich beim orangenen und lila Teil in jeder Reihe die Maschen verdoppelt.
In Linz sahen wir zuerst ein übermannsgroßes Korallenriff in gelb und schwarz.
Wow, so ein großes Teil und der genaue Blick zeigt, ja es ist aus irre vielen Einzelteilen zusammengebaut.
Zu jeder Ausstellung wurde ein Aufruf gestartet, neue Korallen für das Riff zu häkeln und so konnte in Linz ein österreichisches Korallenriff ganz in rot-weiß gezeigt werden.
Die Korallen waren nicht nur aus allen möglichen Garnen gehäkelt, dicke und dünne, Baumwolle, Wolle, modische Polyestergarne,
auch aus Ripsbändern, geteilten Reißverschlüssen und Perlen.
Wunderschön ist der Anblick dieser sich filigran in den Raum hineinwindenden Koralle.
Aber, da war doch was? Diese Ausstellung soll ein Zeichen setzen gegen Umweltzerstörung und das Sterben der Korallenriffe, ja da ist tatsächlich ein weißes, totes Korallenriff.
Und wenn man näher hinschaut sieht man dieses Riff ist aus in Streifen geschnittenen Plastiktüten gehäkelt. Was für ein deutliches Zeichen für den zu vielen Plastikmüll in den Weltmeeren und die daran sterbenden Fische und anderen Lebewesen.
Es gab noch viel mehr, sehr viel mehr bunte und weiße Korallen zu sehen, immer wieder schön nach Farben und in ansprechenden Formen arrangiert. Sehr gut hat mir die Präsentation mit den dunklen Wänden und der Beleuchtung hauptsächlich auf den Korallen gefallen. Ich habe mit wachsender Begeisterung ausführlich alles angeschaut, an dieser Stelle vielen Dank an meinen Mann, der geduldig gewartet hat. Wer mehr sehen will, dem seien die eingangs erwähnten Beiträge empfohlen oder gleich der Besuch der Ausstellung. Mir hat die Ausstellung sehr gefallen, der Ausflug hat sich gelohnt :)).